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Neu als Führungskraft – Tipps für den Start

Geschafft! Eben noch einer von vielen, sind Sie nun selbst soweit, die Verantwortung für ein Team, eine Abteilung, ein Projekt zu übernehmen. Zunächst möchte ich Sie ermutigen, erst einmal genau hinzuschauen und sich zu fragen, ob die neue Position auch richtig ist für Sie, denn sie wird Ihr Leben verändern – und Ihren Blickwinkel. Bald werden Sie spüren, dass manche Gespräche schlagartig verstummen, wenn Sie den Raum betreten. Mit der neuen Position wachsen nicht nur Vorsicht, Argwohn und Angst vor Ihnen, sondern auch die Bereitschaft zu konkurrieren und über Sie zu lästern.

Gleichzeitig wachsen auch beunruhigende Erwartungen an Sie: Sind Ihnen die Wünsche und Hoffnungen der ehemals Gleichgestellten noch sehr vertraut, so erscheinen die der Führungskollegen und der Geschäftsleitung mitunter wenig eindeutig und widersprüchlich. Spätestens jetzt wird Ihnen bewusst, dass Führung nicht nur mehr Geld, Ansehen und Information, sondern auch Einsamkeit bedeutet.

Aber nur ruhig Blut: Wenn Sie bis jetzt noch nicht vor Schreck erstarrt sind, dann sind Sie richtig, denn Führung bedeutet auch große gestalterische Freude, Befriedigung durch Zielerreichung und Motivation anderer sowie Anerkennung. Wenn Sie zu alldem JA sagen, bleiben Sie dran. Dann werden Sie Ihre Zukunft genießen und sich nicht mehr in die Stabslinie einreihen wollen.

Ihr Fundament

Wer die ersten irritierenden Erlebnisse als neue Führungskraft durchlebt hat, verliert oftmals seinen Enthusiasmus. Auch mir ist es so ergangen, als altgediente Mitarbeiter, die ich quasi überholt hatte, argwöhnisch auf meine Leistung und vor allem meine Fehler schielten. Immer wieder bin ich anfangs mit einem unguten Gefühl nach Hause gefahren und habe an mir selbst gezweifelt.

Die wichtigste Frage, die mir dann eine Freundin stellte, war: „Warum hat er gerade Dir die Führungsrolle zugetraut und eben nicht den anderen?“ Auf diese Frage hatte ich einige Antworten parat. Ja, ich machte Fehler und hatte nicht so viel Erfahrung wie manch alter Hase um mich herum. Aber ich hatte deutlich mehr Mut als die anderen, traf Entscheidungen und war bereit, meine Fehler auch auszubügeln und dazuzulernen. Und ich hatte ein hohes Maß an unternehmerischem Denken, weil mir gute Geschäfte einfach richtig Spaß machten. Das wusste mein Chef. Und er hatte eine Idee von meiner Grundhaltung, die man braucht, wenn man hinfällt und die Krone wegrollt. Optimismus und Enthusiasmus.

Schwächen, Stärken und Wurzeln

Vorgesetzter und sein Mitarbeiter
Führungskraft zu sein kann man lernen – und daran auch persönlich wachsen.
Foto: Pixabay

Ich erinnere mich gut an einen Seminarteilnehmer, der sehr jung und damit unsicher war, ob er die ihm angediente Führungsrolle tatsächlich übernehmen sollte. Er besuchte mein Seminar „Plötzlich Chef!“, um in dieser Frage Klarheit zu finden. Und er fand diese Klarheit mit einer für ihn zunächst ungewöhnlichen und auch unangenehmen Übung: Die Teilnehmer sollten übers Scheitern und ihre persönlichen Tiefschläge sprechen. Davon hatte er – nennen wir ihn Alex – einige zu bieten. Der tiefste war die zum 2. Mal missglückte Prüfung im Studium und das Wissen, dass er nun nicht mehr wiederholen konnte und ohne Abschluss dastehen würde.

Interessant ist im Seminar dann nicht das Scheitern, das jedem passieren kann, sondern vielmehr das Aufstehen, das Weitermachen danach. Die entscheidende Frage ist: „Welcher Glaubenssatz, welche Haltung, welches Fundament hat Dir dabei geholfen?“ Für Alex war es eine Grundschullehrerin, die sein Talent fürs Lesen gefördert hat. Und die Oma, bei der er sich wie ein kleiner Prinz fühlte, weil er von ihr so verwöhnt wurde. Aber besonders die Mutter, die – vom Ehemann wegen einer Jüngeren verlassen – trotzdem dastand wie ein Baum und einen erfüllenden Karriereweg einschlug.

Was für ein Fundament! Viel Selbstwertnahrung und gute Vorbilder. Wir tragen so viele Schätze in uns, die uns in schwierigen Situationen weitermachen lassen, wir müssen sie nur freilegen. Alex hat die Führungsverantwortung übernommen und ist heute sehr erfolgreich und zufrieden. Ohne Abschluss, aber mit viel innerer Stärke.

Positives Menschenbild

Meine Tochter erzählte mir kürzlich von einem afrikanischen Referendar namens Sam, der für einige Monate Englisch unterrichten sollte und nun zum ersten Mal vor ihrer Klasse stand. Er verbeugte sich vor der pubertierenden Meute, die ansonsten gern provoziert, mit den Worten: „Meine Damen, meine Herren, es ist mir eine Ehre, hier heute vor Ihnen zu stehen und mit Ihnen mein Wissen rund um die englische Sprache teilen zu dürfen.“ Die Meute war sprachlos und neugierig.

Bedeutungsvoll für die Führungsarbeit ist diese Art von Wertschätzung, die einem absolut positiven Menschenbild entspringt. Sam setzte einfach voraus, dass diese jungen Menschen lernen wollen. Er vermittelte mit einfachen Worten seine Idee des Kooperierens und teilte nicht das Vorurteil der nichtsnutzigen Jugend. Viele Führungskräfte tragen unbewusst ein negatives Menschenbild in sich und vermitteln das in unbedachten, demotivierenden Äußerungen. So hörte ich jüngst einen Hotelier schimpfen: „Die jungen Mitarbeiter heute taugen alle nix, die wollen sich nur vor der Arbeit drücken.“ Ach ja?

Scheinbar belanglose Aussagen wie „Hier funktioniert auch gar nichts“ oder „Kein Wunder, dass dieser Fehler passiert ist“ transportieren diese Haltung, die dem Mitarbeiter suggeriert: Es hat nichts geklappt und es wird auch nichts klappen. Fehler und Fehlverhalten werden somit Resultat einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung und die Führungskraft merkt nicht, dass sie selbst für dieses Fehlverhalten verantwortlich ist.

Tochter Valerie jedenfalls beschrieb die Unterrichtsstunde bei Sam als „mega“. Er hätte bei jedem aufmerksam zugehört und den Beitrag ernst genommen. Die coolen Jungs kommentierten hinterher: „Voll der Bro, der Sam, bester Mann.“

Durchsetzungsvermögen

Was ich selbst als Trainer, Coach und Berater in Unternehmen oft erlebe ist das Unvermögen der Führungsriege, klare Kante zu zeigen und nötige Konsequenzen zu ziehen. Wie in folgendem Fall: Mitarbeiter Mark, der ansonsten erstklassige Arbeit leistet, kam wieder einmal zu spät zur Arbeit. Peter, die Führungskraft, hatte das sehr wohl bemerkt, ebenso die Kollegen in seinem Team. Darauf angesprochen druckste Peter herum: „Mark ist mein bester Mann, der spart uns viel Geld, von dem können die anderen noch etwas lernen.“ Ach, und seine guten Leistungen berechtigen ihn, ohne Konsequenz zu spät kommen?

Mein Rat in diesem Fall: Wer gute Arbeit leistet, sollte dafür anerkannt werden, gerne mit einem persönlichen Lob oder einer anderen Art des Wohlwollens. Dennoch muss er sich an die Regeln halten, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun und darf nicht gegenseitig aufgewogen werden.

Wer hier als Führungskraft nicht konsequent ist, weicht ein Regelwerk auf, das die Zusammenarbeit in seinem Team bestimmt und stößt alle anderen vor den Kopf – die Missstimmung ist vorprogrammiert. Peter hat sich nun ein Herz gefasst und Mark auf das Zuspätkommen hingewiesen. Er hat ihm klargemacht, dass es beim nächsten Mal eine Rüge geben wird. Mark war nicht ‚amused‘. In einem weiteren Gespräch hat Peter aber ein großes Lob für seine exzellente Arbeit ausgesprochen und Mark gebeten, fachliche Tipps und Tricks an die Kollegen weiterzugeben. Damit war Marks Welt wieder in Ordnung. Jetzt ist gutes Führungsverhalten entstanden und so kann ein Team funktionieren.

 

Titelbild: © Mangostar – Fotolia.com

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