Mehr Sicherheit bei Regen und Schnee: So trainieren junge Autofahrer:innen realistische Gefahrenszenarien
Diejenigen, die gerade frisch den Führerschein in der Tasche haben, freuen sich auf ihre neue Freiheit. Doch sobald Nebel aufzieht, der erste Schnee fällt oder Regen die Sicht trübt, kippt die Euphorie bei vielen Fahranfänger:innen schnell in Unsicherheit.
Gerade in den ersten beiden Jahren nach Erwerb des Führerscheins fällt das Unfallrisiko statistisch gesehen am höchsten aus. Daneben ist laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung die Zahl der witterungsbedingten Verkehrsunfälle unter jungen Fahrenden überdurchschnittlich hoch.
Die fehlende Erfahrung in Kombination mit schwierigen Fahrbedingungen stellt in diesem Zusammenhang ein besonders großes Risiko dar.

Wenn die Routine fehlt: Nässe und Glätte werden unterschätzt
Veränderte Straßenverhältnisse sorgen für besondere Anforderungen im Hinblick auf Reaktion und Fahrzeugkontrolle. Aquaplaning, Schneematsch oder Blitzeis: Fahrer:innen, die solche Szenarien nur vom Hörensagen kennen, geraten im Ernstfall schnell an ihre Grenzen.
Der Bremsweg, die Haftung und die Sichtverhältnisse verändern sich unter winterlichen Bedingungen drastisch. Vor allem jungen Menschen fehlen hier häufig die nötigen Erfahrungswerte, denn der klassische Fahrunterricht deckt solche Extremsituationen meist nicht ausreichend ab.
Praxisnahes Training: Schleudern, aber ohne Risiko
An diesem Punkt übernehmen spezielle Fahrtrainings. In der Schweiz ist ein solches Sicherheitstraining, wie der TSC Schleuderkurs, sogar ein verpflichtender Bestandteil der Zweiphasenausbildung für Fahranfänger:innen.
Auf speziellen Teststrecken erleben junge Fahrer:innen realitätsnah, wie das Fahrzeug bei Glatteis ins Rutschen kommt. Sie lernen, wie sich unterschiedliche Reaktionen auswirken, wie ein gezieltes Gegenlenken funktioniert und wo die technischen Assistenzsysteme an ihre Grenzen stoßen.
Durch das wiederholte Üben unter kontrollierten Bedingungen entsteht bereits ein wesentlich besseres Gespür für das eigene Fahrzeug und für potenzielle Gefahrensituationen im Alltag.
Schleuderkurse stärken die Handlungssicherheit
Die Übungen zeigen allerdings nicht nur, wie das Fahrzeug reagiert. Sie bieten auch die Chance, herauszufinden, wie unter Stress hinter dem Lenkrad reagiert wird.
Wer einmal erlebt hat, wie schnell ein kleiner Fehler auf glatter Fahrbahn zu einem vollständigen Kontrollverlust führt, entwickelt ein bewussteres Fahrverhalten. Der Lerneffekt fällt dabei nicht nur rein technisch aus. Das Selbstvertrauen profitiert ebenfalls in hohem Maße.
Die Teilnehmenden berichten nach einem solchen Kurs häufig von einem deutlichen Sicherheitsgewinn im Alltag − gerade bei Fahrten in der Dämmerung, bei Starkregen oder auf verschneiten Nebenstraßen.
Auch moderne Technik hat Grenzen
Moderne Fahrzeuge verfügen mittlerweile über zahlreiche Sicherheitssysteme wie ABS, ESP oder Notbremsassistenten. Diese können in kritischen Momenten unterstützen, aber sie ersetzen keine praktische Erfahrung.
Besonders auf winterlichen Straßen sind Sensoren und Rechenlogik nicht in der Lage, alle Risiken vollständig zu umgehen. Spezielle Schleuderkurse vermitteln, was das Fahrzeug leisten kann und an welchem Punkt es auf die richtige Reaktion der Person hinter dem Lenkrad ankommt. Dieses Wissen schafft Sicherheit, bevor es brenzlig wird.
Früh übt sich – und schützt
Das Konzept der Zweiphasenausbildung in der Schweiz zeigt Wirkung: Seit Einführung der verpflichtenden Weiterbildungskurse ist die Zahl schwerer Unfälle unter Neulenker:innen nachweislich gesunken.
Solche Fahrsicherheitstrainings helfen nicht nur, riskante Situationen zu erkennen, sondern fördern insgesamt ein verantwortungsbewusstes Fahrverhalten. Der frühzeitige Kontakt mit echten Gefahrensimulationen trägt effektiv dazu bei, im realen Straßenverkehr besonnener zu agieren. Daher gilt das Ausbildungskonzept in der Schweiz auch als wichtiges Vorbild für andere Länder.
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