Fisch ist gesund – aber nicht immer nachhaltig!

Wie es gelingen kann, Fischkonsum nachhaltiger zu gestalten

Die Nachfrage nach Fisch steigt stetig, im Vergleich zu den 60er-Jahren hat sie sich verdoppelt. Mit nachhaltiger Fischerei ist sie nicht zu decken. Viele Verbraucher streben zwar einen nachhaltigen Verzehr an, sind aber oft hilflos und überfordert zu beurteilen, ob die Produkte nachhaltig sind oder nicht. Fischfarmen sind auf den ersten Blick ein guter Weg, die Überfischung der Weltmeere zu stoppen. Allerdings liegen genau hier weitere komplexe Probleme. Beispielsweise das verwendete Futter. Dieses Fischmehl stammt häufig aus nicht nachhaltiger Fischerei, welche zulasten der Einwohner jener Gebiete geht, in denen diese Tiere gefischt, geschreddert und als Fischmehl verkauft werden. Übervolle Fischfarmen verursachen ebenfalls Umweltschäden. Auch ausgebüchste Individuen bereiten Kopfzerbrechen, da diese in Farmen häufig genetisch verändert oder degeneriert sind. Die WWF-Fischapp hilft Verbrauchern bei der Entscheidungsfindung über die Nachhaltigkeit der Fischaufzucht und ist wertvoller Hinweisgeber beim Einkauf.

Gambia das chinesische Fischwunderland

Chinesische Fischer beuten die Küstenregion Gambias aus, um die weltweite Nachfrage nach Fischmehl zu bedienen. Diese geht aber zulasten der dortigen Fischer, Einwohner und Umwelt. Dieser absurde Kreislauf, – das gewonnene Fischmehl geht zu großen Teilen an norwegische Fischfarmen, die uns mit Lachsen aus Aquakulturfarmen versorgen, – ist ein Milliardengeschäft. Industrielle Trawler mit ausgeklügelten Fangtechniken fischen die Küsten leer. Das Nachsehen haben einheimische traditionellen Fischer oder Angler und Einwohner, denen die Lebensgrundlage genommen wird. Dazu kommen illegale Fischfänger, – bezahlt vom chinesischen Fischmehlgiganten Golden Lead. Die Umweltschäden, insbesondere der Gestank gefährdet einen weiteren lokalen Wirtschaftszweig: den Tourismus.

Des Weiteren schlägt sich die Verknappung des Fischangebotes im Meer auf die Preise nieder. Wurde er früher teilweise, weil üppig vorhanden, verschenkt, können ihn sich die Ureinwohner heute oft nicht mehr leisten. Die Hälfte der Gambianischen Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze. Fisch ist dort einer der wichtigsten tierischen Eiweißlieferanten der Bevölkerung. Abwässer von Golden Leads verseuchten eine nahe gelegene Lagune. Tote Fische waren die Folge. Das Naturreservat diente Zugvögeln, Delfinen, Affen und weiteren Tieren. Mikrobiologische Untersuchungen ergaben ein erschreckendes Ergebnis: Das Wasser enthielt die doppelte Menge an Arsen als zulässig, dazu noch die zigfache Menge der als sicher geltenden Grenze von Phosphaten und Nitraten. Nach einer Geldstrafe leitete Golden Lead die Abfälle nun nicht mehr in die Lagune, dafür aber mit einem nicht genehmigten Rohr ins offene Meer. Hautausschläge bei Badenden und angespülte tote Fische, darunter Delfine, Schildkröten und Aale waren die Folge. Nun waberte über dieser Region der beißende Gestank verrottender Fische. Effektive Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung setzt Gambia nicht um. Dafür bekam das Land von China einen Schuldenerlass. Mit einem der Hauptgläubiger möchte es sich die Regierung nicht verscherzen. Den kompletten Bericht finden sie hier.

Fischfarmen in Chile und Norwegen bereiten neue Umweltprobleme

Fischmehl und Fischöl aus Wildfang

Zuchtlachse aus Norwegen werden hauptsächlich mit Fischmehl gemästet. Dieses wiederum stammt aus Wildfang. Um eine Tonne Lachs zu erzeugen, muss die drei bis fünffache Menge an Fischmehl und Fischöl verfüttert werden.

Meeresaquakulturen sind problematisch

Meeresaquakulturen (offene Systeme) verursachen mehrere ökologische Probleme. Hohe Besiedlungsdichte hat einen enormen Ausstoß an Fischkot und Urin. Nitrate, Phosphor und Stickoxide sind die Folge. Diese fördern wiederum das Algenwachstum, welches Muscheln schadet. Ihre Bestände werden dezimiert. Auch andere Umweltfolgen sind denkbar. Der weiße Schaum auf dem Marmarameer, welcher türkischen Behörden Kopfzerbrechen bereitet, kann eine Folge dessen sein. Allerdings ist die Ursache hier im schlechtem Abwassermanagement zu suchen. Aber auch diese erhöhen, gelangen sie ungeklärt ins Meer, den Stickstoff-, Nitrat- und Phosphorgehalt des Wassers. Extrem dicht besiedelte Fischfarmen haben ein hohes Risiko an Infektionskrankheiten.

  1. Fischmehl aus Wildfang ist Hauptenergielieferant. Die Zucht eines Kilo Lachses benötigt ein Mehrfaches an Fischmehl (das 3—5fache, Chile).
  2. Meeresaquakulturen (offene Systeme) bereiten Probleme: Ausscheidungen der Fische (Kot und Urin) erhöhen die Meeresbelastung an Nitraten, Stickstoffen und Phosphaten. Dies führt zu verstärktem Algenwachstum, was Muscheln absterben lässt. Böden unter Aquakulturen sind hoch belastet.
  3. Antibiotika, die aufgrund der dichten Besiedlung eingesetzt werden, verseuchen das Meerwasser, bleiben nicht nur im abgeschlossenen Bereich der Aquakultur, gelangen in die Umwelt und fördern Resistenzen gegen diese Mittel.
  4. Zuchtfische genetisch verändert, die aus dem Gehege ausbrechen tragen diese Veränderung in die Wildpopulation. Dazu auch Krankheiten. Ein weiteres Problem sind Tiere, die in nicht heimischen Regionen gezüchtet werden. Entkommene Exemplare stören das biologische Gleichgewicht. Beispielsweise ist der Lachs an Chiles Küsten nicht heimisch.
  5. Shrimpsfarmen gefährden den Bestand der Mangrovenwälder, welche wiederum die Kinderstube vieler Fische sind.

Hier gibt’s mehr Infos über die Fischlabels: ASC und MSC

Der WWF-Fischrategeber bietet hochwertige Orientierung

Mit der Ampel zu mehr Durchblick

Die nutzerfreundliche App des WWF-Fischratgebers bietet über die Ampel eine sehr gute Orientierung. Sie klassifiziert von „guter Wahl (grün)“ über „zweite Wahl (gelb)“ zu „lieber nicht (rot)“. Wähle ich beispielsweise den grünen Punkt der Ampel, listet mir die App alle Fische dieser Kategorie auf. Diese werden über ein optisch ansprechendes Kachellayout vorgestellt. Hinter dieser verbergen sich weitere interessante, informative und wissenswerte Details des Fischs. Das natürliche Habitat der Art, ihre Lebensweise, die Häufigkeit der Fortpflanzung (Aale nur ein Mal im Leben!), Nahrungsgewohnheiten und vieles mehr macht die App zum informativen Ratgeber. Ebenfalls kann über ein alphabetisches Kachelsystem nach dem Fisch gesucht werden. Nicht verwirrt sollte man sein, wenn Fische mit allen Kategorien der Ampel versehen sind. Es kommt dann auf die Herkunft an. Beispielsweise kann die Eismeergarnele je nach Herkunft aus überfischten oder ebenso ungefährdeten Fischgründen stammen. Daher ist diese App nicht nur für Genießer, sondern auch für am Ökosystem interessierte Zeitgenossen etwas sehr Wertvolles. Sie finden sie hier:

Auch interessant: Das Interview mit dem Biologen Muharrem Balci


Bildnachweis und Copyright: Finkelmeyer